BRD 1997, 28 min
Im Auftrag des SDR
Ein geliebter Mensch stirbt. Unfaßbar - allein schon der Gedanke.
Wie gehen die Hinterbliebenen damit um? Ein Muslim, ein Christ
und ein Jude erzählen von ihren ganz persönlichen Erfahrungen
beim Abschiednehmen.
Sein Sohn Mesut (19) kam im Sommer 1995 bei einem tragischen
Verkehrsunfall ums Leben.
Die Eltern würden das Grab
gerne öfters besuchen, aber es ist zu weit weg. Ganz hinten in
der Osttürkei, im Heimatdorf der Familie. Im Zimmer von Mesut
ist die Zeit stehengeblieben. Es sieht noch so aus, wie er es am
Abend vor dem Unfall verlassen hat. Für die Eltern mußte das
Leben weitergehen, ohne den Sohn. Mit ihm begraben die Hoffnung,
später mal - nach der Berufsausbildung von Mesut - gemeinsam in
die Türkei zurückzukehren, um dort eine Existenz aufzubauen.
"Das regelmäßige, fünfmalige Gebet am Tag, da habe ich von
meinem Gott bitten mir Kraft geben und Schmerz überwinden."
Rolf B.:
Seine Frau Karin (54) starb nach langer Krankheit.
"In den ersten Tagen, Wochen, Monaten nach dem Sterben von
meiner Karin war es ein fürchterliches Durcheinander, ein
Wirrwarr von Gefühlen und Gedanken. Es war schreckliche,
würgende Trauer, verzweifeltes Suchen nach dem Partner, und eine
unbändige Sehnsucht des Nachsterbens. Drei Monate ungefähr nach
dem Sterben meiner Frau las ich in der hiesigen Tageszeitung eine
kleine Annonce von der Caritas Ludwigsburg, daß dort eine Gesprächsrunde
für trauernde Männer stattfindet. Erst habe ich mich über den
Ausdruck trauernde Männer gewundert, dann ging mir auf, daß ich
eigentlich einer von denen bin. Ich habe lange mit mir gerungen,
ob ich zu so etwas hingehen soll, dann habe ich mich doch
entschlossen - eine Sache, die ich früher nie gemacht hätte,
über die ich wahrscheinlich sogar gelacht hätte. Daß es den
anderen Männern genauso ging, das war tröstend für mich, daß
andere genauso leiden und genauso nach Trost suchen und genauso
trauern."
Khalid H.:
"Es gibt bei uns Juden bestimmte Trauervorschriften für nahe Verwandte, besonders aber für die Eltern. Die ersten sieben Tage nach dem Versterben eines engen Verwandten, eines Elternteils, sitzt man nicht auf Stühlen oder auf Sesseln, sondern man sitzt auf der Erde. Man rasiert sich nicht, man feiert selbstverständlich keine Feste, man nimmt keine oppulenten Mahlzeiten zu sich, kurz: man konzentriert sich ausschließlich auf das Gedächtnis an den oder die Verstorbenen. Wenn man von der Beerdigung nach Hause kommt, wird man nicht alleine gelassen. Es ist Pflicht der Nachbarn, den oder die Trauernden zu besuchen. Es ist Pflicht, daß die erste Mahlzeit nach der Beerdigung nicht im Trauerhaus zubereitet wird, sondern daß die Nachbarn die Trauernden mit Speis und Trank versorgen, und es ist dann auch Pflicht und üblich, besonders in den ersten sieben Trauertagen, daß Besuch von den Nachbarn kommt, daß man halt die Trauernden in ihrer Trauer nie allein läßt."
Preise auf Anfrage: info@umbreit-film.de